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Postrock [pʰəʊstɹɒk] ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche Spielarten des Rock, die einerseits sehr stark mit Alternative- oder Indie-Rock verwandt sind, andererseits Anklänge an den Progressive Rock der 70er Jahre bieten. Vergleichbar mit anderen Bildungen mit dem Präfix post- soll die Zwitterstellung angedeutet werden, in der sich der Postrock befindet, einerseits gehört diese Musik in den Bereich der Rockmusik, andererseits versucht sie, diesen zumindest in seiner herkömmlichen Form zu überwinden.

Ursprünge und Entwicklung

Der Ursprung des Begriffs liegt in den frühen 90er Jahren, als englische Musikkritiker für Bands wie Bark Psychosis oder Disco Inferno eine neue Kategorisierung suchten. Klangen diese beiden Bands schon höchst unterschiedlich, so ist heute zu beobachten, dass unter dem Terminus Postrock eine enorme Fülle von Bands zusammengefasst wird, die oft wenig miteinander gemein haben. Allerdings heben sie sich meistens insofern vom „Rest“ der Rockmusik ab, als dass sie bewusst versuchen, über konventionelle Formen der Rockmusik hinauszugehen.

Einerseits ergibt sich auf diese Weise ein breites Spektrum an musikalischen Wegen und Möglichkeiten, zumal die meisten dieser Bands solche bewusst suchen, andererseits haben sich an bestimmten Orten immer wieder Gruppen von Bands gebildet, die auf ähnliche Mittel zurückgreifen, sich voneinander inspirieren lassen und häufig auch einfach ähnlich klingen. Dazu werden meistens die Szenen in Chicago und San Francisco, bisweilen aber auch Montreal und Weilheim gezählt. Aber auch weltweit ist die Erscheinung zu beobachten, dass die anfänglich progressive Strömung in sich selbst Zuflucht sucht und eher auf „bewährte Mittel“ zurückgreift als wirklich neues zu suchen.

Musikalische Mittel

Der Begriff bezeichnet somit, anders als beispielsweise Reggae oder Blues, weniger eine Stilrichtung innerhalb der Musik als ein Sammelsurium von Vorgehens- und Wahrnehmungsweisen gegenüber dem Rock, meistens werden die typische Attitude und Pose von Rockmusik negiert. Die Werke der gemeinten Bands klingen oft sehr verschieden, doch bedienen diese sich meistens in unterschiedlichem Maße einer oder mehrerer der folgenden Elemente:

• unterstützender Einsatz von elektronischen Instrumenten sowie Computern, Sample-Technologien und/oder diversen Außenaufnahmen (Fridge, Disco Inferno, Godspeed You! Black Emperor, Set Fire to Flames, 65daysofstatic)
• z.T. überlange Titel, oft über 10, bisweilen über 20 Minuten (z. B. Thalija, Fridge, Red Sparowes, Mono, The Evpatoria Report, Godspeed You! Black Emperor, Mogwai, Bark Psychosis, Sigur Rós, Tarentel)
• längere Strukturen als im Rockbereich üblich, oft unter Einsatz sich über mehrere Minuten entwickelnder Themen
• häufiger Einsatz minutenlanger repetitiver Klangmuster und Strukturen, die an Ambient-Musik anschließen (Fridge, Tarentel) und daher häufig als Filmmusik verwendet werden (Sigur Rós, Godspeed You! Black Emperor)
• Einsatz von akustischen Instrumenten, wie z.B. Klavier, Violine, Cello, Pauken, Xylophon, etc. (Sigur Rós, Buddy & The Huddle, Rachel's)
• Vorliebe für ungewöhnliche Rhythmen und „ungerade“ Taktarten (Couch, Fridge)
• minimalistische Arrangements (Bark Psychosis, Labradford) oder auch fast orchestrale Arrangements (Godspeed You! Black Emperor, A Silver Mt. Zion)
• weitgehender oder völliger Verzicht auf Gesang (Fridge, Godspeed You! Black Emperor, Explosions in the Sky, The Evpatoria Report, Red Sparowes), teilweiser Verzicht auf Songtexte bei Ersatz durch lautmalerischen Gesang (Sigur Rós) oder starke Verzerrung des Gesangs bis hin zur Unkenntlichkeit (Mogwai)
• Konzentration auf die Musik als solche, Texte und Aussagen (sofern vorhanden) treten zumindest in den Hintergrund (Sigur Rós); bei Godspeed You! Black Emperor finden sich explizite politische Referenzen und Realitätsbezüge auf den Plattencovern)
• Brückenschläge zwischen verschiedenen Musikkonzepten, auch z.B. zur Kammermusik (Rachel's) oder zur elektronischen Musik (múm)
• bescheidene Bühnenshows ohne viel Aufwand, Konzentration auf die Musik
• die Suche nach neuen Wegen innerhalb der Rockmusik .