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Emo (Emotive Hardcore; dt. [ˈeːmo], engl. [ˈiːmoʊ]) bezeichnet ursprünglich ein Subgenre des Hardcore-Punk, das sich durch das stärkere Betonen von Gefühlen wie Verzweiflung und Trauer sowie durch die Beschäftigung mit persönlichen Themen wie Liebe und Freundschaft auszeichnet.

Ungefähr seit dem Jahre 2000 wird mit Emo auch ein jugendkulturelles Modephänomen bezeichnet, das mit dem gleichnamigen Musikstil nur mittelbar in Verbindung steht.

Definition und Probleme

Generell gestaltet sich die Definition von Emo schwierig, weil die Genre-Bestimmung und die daraus resultierende musikalische Einteilung innerhalb der Hardcore/Punk-Szene – zumindest in den Anfangstagen – nicht in diesem Maße vorhanden war. Viele sehen den Begriff – ähnlich wie beim Grunge – als einen von außen hineingetragenen Musikbegriff für eine Art von Musik, die so gar nicht abgrenzbar ist.

Guy Picciotto, der unter anderem in der Band Rites of Spring spielte, sagte dazu in einem Interview:

„I’ve never recognized ‚emo‘ as a genre of music. I always thought it was the most retarded term ever. I know there is this generic commonplace that every band that gets labeled with that term hates it. They feel scandalized by it. But honestly, I just thought that all the bands I played in were punk rock bands. The reason I think it’s so stupid is that – what, like the Bad Brains weren’t emotional? What – they were robots or something? It just doesn’t make any sense to me.“

(Auf Deutsch etwa: „Für mich war ‚Emo‘ nie ein Musikgenre. Ich hielt es für den dümmsten Begriff überhaupt. Es gibt diese Binsenweisheit, dass alle Bands, die als Emo bezeichnet werden, den Begriff hassen, sie fühlen sich stigmatisiert. Ehrlich gesagt dachte ich, all die Bands, in denen ich spielte, seien Punkrockbands. Emo halte ich für einen dämlichen Begriff, schließlich spielen auch Bands wie die Bad Brains emotionale Musik, das sind ja schließlich keine Roboter oder sowas. Es ergibt schlicht keinen Sinn.“)

Ein zusätzliches Problem der Abgrenzung ist durch das seit Beginn der 2000er Jahre entstandene Modephänomen entstanden. Dieses bezieht sich auf bestimmte Haarschnitte und Kleidungsstücke, die ursprünglich von bestimmten, dem Genre assoziierten Bands getragen wurden. Mit diesem Stil werden heute allerdings zumeist Bands in Verbindung gebracht, die zumindest im engeren Sinne nicht dem gleichnamigen Musikgenre angehören (siehe auch Emo und Mode sowie Emo und Indierock)

Entstehung

Als Ursprung von Emo gilt die sogenannte Washington D.C.-Hardcore-Punk-„Schule“, die neben den Westcoast-Gruppen und später dem New York Hardcore (NYHC) als die wichtigste und stilbildendste in der Hardcore-Bewegung gilt. Bands wie Minor Threat, Government Issue oder auch die frühen Bad Brains prägten den Hardcore-Punk aus Washington. Schon Anfang der achtziger Jahre suchten einige Musiker innerhalb der Hardcore/Punk-Szene Wege, um eine Antwort auf die zunehmende Härte und den Machismo – also Umgangsformen, die nicht viel mit den Hardcore-Idealen zu tun haben – von Teilen innerhalb der Hardcore-Szene zu finden.

Stattdessen wollten sie offen Emotionen und Gefühle zeigen und dies auch in ihren Songs verarbeiten, und dies ist – trotz aller fortschrittlicher Gedanken im Hardcore – in der damaligen rauen, eher pessimistisch denkenden, Hardcore-Szene schon ein wenig verpönt.

Als wichtiger Wegbereiter gilt die Band Rites of Spring, die Mitte der 1980er Jahre aktiv war. Vorher hatte schon die Band Hüsker Dü aus Minneapolis emotionale Passagen in ihre Lieder eingebaut und Liebe und Verzweiflung thematisiert. Nachdem Rites of Spring aufgelöst wurde, formierten sich wenig später die Bands Embrace und Fugazi, die beide zu den wichtigsten Bands im Emo und Post-Hardcore-Bereich zählen.

Inspiriert von dem als klassischen D.C. Sound bekannt gewordenen Emo- bzw. Hardcore-Punkklängen bildeten sich Ende der achtziger Jahre weitere Bands wie Nation of Ulysses, Shudder To Think und Fire Party, die den Post-Hardcore/Emo weiterentwickelten. Vor allem die ebenfalls zu dieser Zeit existierende Band Moss Icon trug zum Sound des Emos bei. So wurde das – heute bekannte – Laut/Leiseschema und der Wechsel zwischen geschrienem und clean gesungenem Gesang von vielen nachfolgenden Bands übernommen.

Andy Radin, ehemaliger Bassist bei der Screamo-Band Funeral Diner, beschreibt den Stil und Einfluss von Moss Icon so:

„Moss Icon strips the ‘emo’ element down to the core, and adds a great deal of intricate, arpeggiated guitar melody (by Tonie Joy, later of Born Against, Lava, Universal Order of Armageddon, etc.) with a strong focus on loud/soft dynamics. The vocals, too, break new ground by building up to actual top-of-the-lungs screaming at songs’ climaxes.“

Nach einiger Zeit entstanden auch in anderen Hardcore-Zentren Emo-Bands, an der Westküste sowie an der Ostküste, vor allem rund um New York City.

Zum Einen bilden sich Ende der achtziger bzw. Anfang der neunziger Jahre New Yorker Emo-Bands, wie die einflussreiche Band Policy of 3 oder auch die kurze Zeit existierende Native Nod, sowie Bands mit einem härteren Emo-Sound, von denen Merel zu den Bekanntesten gehörten.

An der Westküste bildeten sich zum Anderen in etwa zur selben Zeit Emo-Bands wie etwa Still Life, als auch Bands wie Heroin, Indian Summer, Antioch Arrow, Universal Order of Armageddon und Swing Kids, die ebenfalls einen härteren Emo-Stil spielten. Der Sound der härteren Emo-Bands entwickelte sich – wie auch der, der härteren New Yorker Bands – später zum Screamo (siehe hier). Teilweise werden auch schon diese Bands damit beschrieben. Vorher hatten schon Bands aus dem Bereich Punkrock und melodic Hardcore, etwa Jawbreaker und Dag Nasty, in ihren Stil Emo-Elemente integriert.

Mitte der neunziger Jahre folgten Bands wie Falling Forward, die den „typischen“ Emo-Sound weiter festigten.

Weiterhin folgten gegen Ende des Jahrhunderts weitere Bands, etwa die einflussreichen Four Hundred Years und auch Gruppen wie Thursday, die den ewas experimentelleren und in Teilen ruhigeren Sound des emotional Hardcore weiterentwickelten. Zum Anderen entstanden eher straighteren Emo spielende Bands, wie die vormals als „reine“ Hardcore-Punk-Band gegründete Gruppe boysetsfire.

Im Screamo-Bereich bildeten sich ab Mitte der neunziger Jahre mit Saetia, Funeral Diner und Anderen wichtige Bands.

Die Screamo-Band Hot Cross entsteht ebenfalls im Jahr 2000, obgleich ihr Sound stärker experimentell mit anderen Genres spielt, während 2003 mit Still Life eine einflussreiche Emoband nicht mehr aktiv ist.

In jüngerer Vergangenheit existieren mit Sleepytime Trio, Life at These Speeds, Sinaloa sowie stärker Screamo-orientierten Gruppen wie City Of Caterpillar, Pg. 99 oder Wolves zahlreiche Bands dieses Genres.

Entwicklung in Deutschland

Noch stärker als der eigentliche Hardcore-Punk war die Entwicklung von Emo in Deutschland geprägt durch US-Amerikanische Bands und Einflüsse. Erst seit Ende der 90er Jahre existieren in Deutschland Emobands, die zum Teil auch international bekannt sind. Gerade im Screamo-Spektrum, dass traditionell weniger us-zentriert ist, wie sonst üblich, existiert etwa mit den 1998 gegründeten Yage eine deutsche Band, die international Maßstäbe setzte.

Ein Großteil der deutschen Emobands ist typischerweise eher dem härteren Emo bzw. Screamo als den D.C. Emo-Formen zuzuordnen.

Gerade Screamobands wie Escapado oder Andorra Atkins (früher Kill.Kim.Novak) konnten in jüngerer Vergangenheit – für ihre Verhältnisse – gewisse kommerzielle Erfolge verzeichnen und erfreuen sich größerer Beliebtheit.

Größere Band-Szenen existieren etwa in und um Hamburg/Schleswig-Holstein (Escapado, Kurhaus), Berlin (Syn*Error, Malatesta, It.Is.Imperative) oder Nordrhein-Westfalen bzw. dem Ruhrgebiet (Andorra Atkins, Longing For Tomorrow).

Daneben existieren beispielsweise mit Days in Grief kommerziell erfolgreiche Post-Hardcore-Gruppen, die öfter als Emo bezeichnet werden.

Emo und Indierock

In den neunziger Jahren wurde der Begriff Emo zunehmend auch für einige Bands verwendet, die stärkere Einflüsse aus dem Bereich des Indierock in ihre Musik integrierten. Emo wurde zum Ende der Achtziger zum Teil experimenteller und nahm immer mehr Merkmale des ebenfalls aus Hardcore/Punk-Kreisen entstanden Indierocks auf. Gerade der Sound von Post-Hardcore-Bands, etwa Fugazi und Hoover, diente vielen Bands dabei als Inspiration.

Als Startpunkt dieser Entwicklung wird oft das Album Diary von Sunny Day Real Estate aus dem Jahr 1994 gesehen.

Steve Huey (All Music Guide) beschrieb die Band und das Album wie folgt:

„Diary, virtually defined emo in the 90s. Diary was the album that made emo accessible, fusing its gnarled guitars and nakedly emotional vocals with more than a hint of melodic Seattle grunge.“

Weitere Bands, die den Indierock-lastigen Emo prägten bzw. prägen sind vor allem The Get Up Kids, Texas is the Reason, The Promise Ring.

Dennoch ist die Einordnung in das Genre Emo wegen der sehr vagen musikalischen Merkmale und Gemeinsamkeiten etwa mit anderen Emo-Bands nicht unumstritten. Auch die Bands selbst sehen ihre Eingruppierung in eine Hardcore-Punk-nahe Musikrichtung sehr skeptisch. So äußerte der Gittarist Tom Linton, der ebenfalls diesem Indierock-Emo zugerechneten Band Jimmy Eat World, in einen Interview 2007:

„Wir haben zwar Emo aus den achtziger Jahren gehört, werden aber nicht gerne mit diesem Label versehen, weil es eben woanders herkommt als wir. […]wir haben uns immer nur als Rockband auf der Suche nach dem perfekten Song verstanden“[6]

Emo und Mode

Etwa seit dem Jahr 2000 erfolgt die Genre-Einordnung oft aufgrund von äußeren Merkmalen. „Emo“ existiert seit diesem Zeitpunkt als von der Musikszene unabhängige Modeersch .